"Der Bund will den Wolf in der Schweiz ausrotten". Das werfen ihm die Umweltverbände vor. Tatsächlich will das Departement von Albert Rösti (56) die üblichen demokratischen Verfahren abkürzen. Eine ordentliche Vernehmlassung zur neuen Jagdverordnung findet gar nicht erst statt. Die Wolfsregulierung – oder besser ausgedrückt "Dezimierung" – soll rasch gestartet werden.
Der Entwurf ist bisher nicht öffentlich. Er steht im Widerspruch zum Volkswillen. Im September 2020 lehnte die Bevölkerung das neue Jagdgesetz ab. Das zuständige Bundesamt für Umwelt (Bafu) scheint der Volkswille aber sowenig wie Bundesrat Rösti (SVP) zu kümmern. Die Wahlen lassen grüssen. Der Druck von Schafshaltern und Viehzüchtern auf die Politik ist deshalb riesig. Die Ausbreitung des Wolfs in der Schweiz sei rückgängig zu machen. Bis zu 280 Tiere sollen derzeit in unserem Land in 31 Rudeln leben. Geht es nach den Plänen des Bafu, könnten es bald nur noch etwa zwölf Rudel sein.
Der Wolfsbestand soll um rund 70 Prozent zusammengeschossen werden, ist dem bisher unveröffentlichen Papier zu entnehmen. Rösti hat den Finger am Abzug. Die Bestimmungen zur Wolfsjagd sollen bereits auf den 1. Dezember in Kraft gesetzt werden. Befristet, doch wenn die Tiere erlegt sind, spielt das faktisch keine Rolle mehr. Albert Rösti kann sich bei seiner Wiederwahl als Bundesrat am 13. Dezember auf besonders viele Stimmen aus den Regionen freuen, in denen der Wolf besonders verhasst ist.
Um weiteres exponentielles Wachstum zu vermeiden, habe das Parlament von einer reaktiven zu einer proaktiven Strategie gewechselt, so das Bafu. Neu sollen die Kantone Wölfe erlegen dürfen, um künftigen Schaden zu verhüten, also ein präventives Vorgehen. Gerade einmal neun Tage Zeit sollen die Verbände haben, sich zum geplanten Massaker zu äussern.
Für die Umweltverbände ist das Vorgehen unverständlich. Schliesslich sei in den letzten Jahren zwar die Zahl der Rudel gewachsen, doch im ersten Halbjahr 2023 sei die Zahl der Risse im Vergleich zum Vorjahr um 55 bis 80 Prozent zurückgegangen weil die getroffenen Massnahmen wie Einzäunung und Einsatz von Herdenschutzhunden sich positiv ausgewirkt hätten.
Rüge an den Bundesrat
«Das ist aus ökologischer Sicht unsinnig», kontert dialog-User «Intervenant Exigeant» diesen Entscheid. Eine Woche lang haben sich Userinnen und User wie er im SRG-Angebot «dialog» dazu geäussert, ob der Wolf in der Schweiz geschützt oder abgeschossen werden sollte. Rund zwei Drittel sprechen sich gegen den Abschuss aus.
Lassen wir den Wolf gewähren und helfen wir Viehzüchtern, sich zu schützen.
Autor:«Intervenant Exigeant»
«Der Wolf ist dabei, sein angestammtes Territorium zurückzuerobern», schreibt er. «Lassen wir ihn gewähren und helfen wir den Viehzüchtern, sich gut zu schützen. Die Population der Grossraubtiere reguliert sich selbst, je nachdem, wie viel Nahrung zur Verfügung steht.»
Beinahe so viel Community-Applaus erhält «dialog»-User Benjamin Schlegel. Er erinnert daran, dass das Volk die Änderung des Jagdgesetzes abgelehnt hat: «Die Änderung der Verordnung durch den Bundesrat ist also eine klare Missachtung des Volkswillens.
Aus dem "Schweizer Bauer"
Die Canid Specialist Group der Weltnaturschutzunion IUCN
hat den Bundesrat scharf für den geplanten Abschuss ganzer Wolfsrudel kritisiert. Das Vorgehen sei unwissenschaftlich und missachte den Volkswillen und die Berner Konvention, schrieb die Gruppe in einem Brief.
Ziel müsse eine wissenschaftsbasierte Regelung der Wolfspopulation sein. Dies bedeutete gesunde Tiere in stabilen Rudeln, die beständige Reviere bewohnten.
Grössere Scheu nicht bewiesen
Das Töten von Wölfen führe aber zum Auseinanderbrechen von Rudeln und mehr Konflikten. Dass Wölfe durch Abschüsse zudem eine grössere Scheu entwickelten, sei nicht bewiesen und irreführend.
Die Reduzierung auf 12 Wolfsrudel sei weit unter dem Minimum für eine gesunde Population von rund 20 Rudeln, so die Expertengruppe. Die Tiere würden sich nicht fortlaufend vermehren, sondern sich selbst regulieren. Die Schweiz müsse sich mehr Zeit geben, den Umgang mit Wölfen wieder zu lernen.
Heute ist ein trauriger Tag
26.11.2023 Heute habe ich die Meldung im Radio gehört. der Bund hat schweizweit den Abschuss von 12 Wolfsrudel bewilligt. Die Umwelt- und Tierschutzverbände laufen Sturm. Ob sie gegen den traurigen Beschluss der von Bundesrat Rösti angeführten Jagtbehörde etwas ausrichten können ist sehr zweifelhaft. Es stimmt mich sehr traurig.
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