Es begab sich vor etwa 50 Jahren. Unser Sextett hatte sich einen Kleinbus Ford Taunus occasion angeschafft um gemeinsam an die Auftritte fahren zu können mit samt dem Bandmaterial. Wir hatten einen Gig bei der Migros Suhr, wo man Personalweihnachten feierte. Es war der 30. Dezember und bitter kalt. Es war so ein Auftritt, wie es ihn früher oft gab: Gut bezahlt, die Musiker wurden verehrt und toll bewirtet - alls O.K. Wie es so ist mit den Jungen Autofahrern. Sie fahren viel zu schnell. Ich war der Einzige mit frisch erworbenem Fahrausweis, also durfte ich den Kleinbus bei mir abstellen und ihn auch fahren. Nach dem Auftritt in Suhr waren wir auf dem Heimweg. Die Musiker waren müde aber bestens gelaunt, denn wir hatten köstlich gegessen - ich erinnere mich, dass ich erstmals Erdbeeren aus Israel ass. Erfolg und viel Applaus taten ein Übriges zur vollen Zufriedenheit. Die Strassen waren stellenweise vereist. In Safenwil fuhr ich wohl zu schnell auf die S-Kurve zu, über die auch ein Geleise der SBB führte. Es war zwischen 02.00 und 03.00 Uhr morgens, der Bahnübergang mit Barriere war geöffnet. Da geschah es:
Plötzlich sah ich, dass die Strasse vor dem Bahnübergang im Scheinwerferlicht glitzerte. Ich bremste stufenweise herunter und nahm bereits die Kurve. Zu spät! Der Wagen kam ins Schlingern und legte sich wie in Zeitlupe auf die rechte Seite. Liegend rutschte das Gefährt auf die Geleise zu. Das rechte Vorderrad stiess auf die Schiene, das Fahrzeug stellte sich wieder auf, rutschte aber weiter bis es zwischen den Geleisen mit beiden Pneus in der Spur stecken blieb. Eine sackstarke Artistenleistung! Wenn man das gewollt hätte, es wäre unmöglich gewesen, dies zu vollbringen. Der Wagen stand, wir stiegen alle aus und schauten uns um. Niemand war verletzt. Der Drummer, Hans Affolter, blutete leicht an der Nase. Er hatte den Kopf an der Rücklehne des Fahrersitzes angestossen. Damals gab es eben noch keine Sicherheitsgurten. Die rechte Seite des Fahrzeuges war zerkratzt und zerbeult, die hintere Seitenscheibe war dahin.
Als Nächstes dachte ich daran, dass wir hier auf den Geleisen eingeklemmt waren. In diesem Moment öffnete sich im ersten Stock des Barrierewärterhäuschens ein Fenster und eine Frau rief uns zu: "Ihr müsst nicht pressieren. Der Schnellzug ist vor 5 Minuten durchgefahren. Der nächste kommt erst in einer Stunde". Grosses Aufschnaufen ! Das Fahrgestell sass festgeklemmt in den Schienen. Da kam ein Franzose mit einem Citroen ID und fragte, ob er helfen könne. Er konnte und tat es auch. Er riss uns aus der Geleiseklemme heraus und schleppte uns ab bis nach Gerlafingen, wo ich damals bei meinen Eltern wohnte. Dann fuhr er weiter. Er war auf Ferienreise in der Schweiz. Für uns wurde es im Auto recht kalt ohne die hintere Scheibe. Seine Frau und seine zwei Kinder aber schliefen während des ganzen Manövers gemütlich im warmen Citroen. Ja, sowas gab es früher noch. Am nächsten Tag war Silvester und wir hatten gleich wieder einen Gig im Werkhotel Gerlafingen: "Silvesterball". Wir trafen uns eine Stunde früher um zu prüfen ob die Instrumente und die Verstärkeranlage heil geblieben waren. Es funzte alles und wir gaben unseren Kleinbus am Montag in die Carosserie. Ende gut - alles gut. Jung's: Fahrt bitte nicht zu schnell - vor allem nicht auf Glatteis! Und noch was: "Autos brauchen keine schienen"! HRJ
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