Gehn wir zu dir oder zu mir ?

Es begann vor 57 Jahren. Ich war 17 Jahre alt, als ich mein Häseli kennen lernte. Sie begegnete mir jeden Morgen wenn ich schlaftrunken mit dem Velo zum Bahnhof fuhr. Jedoch, wenn sie mir auf dem Trottoir entgegen kam, war es für mich schon zu spät, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen, denn sie

         Bild: EBT Bahnhof Gerlafingen 1960

 

kam exakt von dem Zug aus Solothurn, den ich erwischen musste um zu meiner Lehrstelle nach Utzenstorf zu gelangen. Ich musste dann wohl oder übel mit dem Fahrrad weiter fahren bis zu meinem Arbeitsplatz. Wenn ich kräftig pedalte, konnte ich es noch schaffen, knapp vor einem Zusammen-schiss einzutreffen. Es dauerte eine Weile, bis wir uns näher kennen lernten, doch davon mehr in einer weiteren Geschichte. 

 

Unser Zusammensein hatte einen Haken. Die Formel "Gehn wir zu dir oder zu mir ?" funktionierte bei uns nicht wirklich. Bei mir zu hause wurde mit Habichtsaugen, insbesondere von meiner älteren Schwester Trudi, darauf geachtet, dass nichts passieren konnte. Bei ihr zuhause war es weniger konservativ, aber Mädi hatte grossen Respekt vor Ihren Eltern und so lief da auch nichts. Wir gingen ins Kino, ins Tea Room und machten Spaziergänge. Unsere lauschigen Orte waren Parks und dunkle Hauseingänge etc. Was wollte man sonst während der Woche ? Es wurde bald klar, ein Auto musste her. Doch woher das Geld nehmen? Wir fanden in der Opel-Garage in Solothurn eine günstige Occasion für 1500 Franken, einen grauen Olympia Record, der uns ab sofort gute Dienste leistete. Madeleine machte den Führerausweis sofort. Ich musste noch warten bis ich 18 wurde. Für die Gigs in unserer Band besorgten wir uns einen Dachträger und eine grosse Truhe. Mädi chauffierte uns an die Auftritte. Wenn es ihr langweilig wurde, legte sie sich in einer Gardarobe auf eine Bank und schlief eine Runde. Oft steuerte ich das Auto von der rechten Seite her, um bei einer Kontrolle rasch das Steuer an Madeleine übergeben zu können. Der Opel hatte noch eine durchgehende Vordersitzbank.

 

Als ich endlich den Lernfahrausweis hatte, fuhr ich natürlich auch ohne Begleitperson. Ich wurde vermutlich von lieben Nachbarn bei der Polizei denunziert. Schon bald tauchte der Dorfpolizist aus Biberist bei mir auf und verhörte mich auf gemeine Art und Weise. Mit Fragen zu meiner abgebrochenen Lehre und Aussagen wie: "Du hast also keinen Beruf", verstand er es, mich zu verunsichern und ein Geständnis zu erwirken. Ich konnte damals schlecht lügen. Heute weiss ich, dass er Null Beweise hatte und nur auf der Grundlage einer Denunziation und mit seiner Taktik es schaffte, mich weich zu klopfen. Der Ausweisentzug lautete auf 6 Monate. Ich sprach beim zuständigen Regierungsrat in Solothurn vor und bat um eine Reduktion der Strafe auf 3 Monate. Der Herr Regierungsrat sagte freundlich lächelnd, er wolle schauen, was sich machen liesse. Per Post kam der Bescheid: Lernfahrausweisentzug: 7 Monate. Was lernen wir daraus ? Na ja, irgend wann mal war diese Zeit auch zu Ende und ich durfte endlich Auto fahren. Die Prüfung war auch nicht einfach. Man liess mich im ersten Anlauf durchfallen mit der Begründung, ich sei von Solothurn bis Grenchen hinter einem Lastwagen hergefahren ohne zu überholen. Dabei hatte ich befürchtet, wenn ich überhole wirft man mir zu offensives Fahren vor. Ich bin überzeugt, man hatte Weisung von oben gehabt, denn andere Fehler konnte man mir nicht nennen.

 

Der Opel Record, der heute etwa so aussehen dürfte, hatte auch seine Tücken, z.B. starb an Kreuzungen immer der Motor ab und auch der Fuss-Anlasser auf dem Bodenbrett war mehr als launisch. Aber wir hatten jetzt immerhin auch im Winter ein warmes Plätzchen, wo wir zusammen glücklich sein konnten. Oft kauften wir uns bei Nordmann (heute Manor) eine ganze Schachtel Patisserie und eine Flasche Cola und suchten uns dann einen romantischen Waldrand im "Buechibärg". Wenn wir heute durch diese Gegend fahren - wir sind nun seit 54 Jahren verheiratet - sagen wir oft: "Weisst Du noch ? Die süsse Patisserie damals ! 

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Kommentare: 2
  • #1

    Kurt von Allmen (Sonntag, 16 Juni 2019 12:08)

    Hansruedi
    Hahahah „weißt du noch die köstliche Patisserie“ hey und sonst keine Erinnerungen... Cola, Sex usw.
    Grüessli Kurt

  • #2

    HRJ (Sonntag, 16 Juni 2019 15:38)

    Ja, da war doch noch was!!!